• Kein „Streikrecht“ für Vertragsärzte
    Das Bundessozialgericht (BSG) hat niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten kein Streikrecht zugebilligt.
  • Umsatzsteuerbefreiung von Heilbehandlungen
    Aktuelles Einführungsschreiben des BMF zur Neuregelung der Steuerbefreiung von Heilbehandlungen.
  • Neuer Ärger mit Medienfonds
    Ärzten, die in Medienfonds investiert haben, droht Ungemach.
  • Qualifikation der Einkünfte für die wahlärztliche Leistungserbringung
    FG Rheinland-Pfalz nimmt zur steuerlichen Qualifizierung eines Liquidationsrechts für gesondert berechenbare wahlärztliche Leistungen Stellung.

Kein „Streikrecht“ für Vertragsärzte

BSG-Urteil: Niedergelassene Ärzte und Zahnärzte dürfen nicht streiken. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 16.6.2009 (Az: B 6 KA 16/08 R) entschieden. Streikende Ärzte riskieren dabei sogar ihre Kassenarztzulassung.

Kassenarztzulassung: Ärzte, die kollektiv auf ihre Zulassung im System der gesetzlichen Krankenversicherung verzichten, dürfen sechs Jahre lang nicht in das gesetzliche System zurück. Anlass für das Kasseler Grundsatzurteil war der Zahnärztestreik 2004 in Niedersachsen. Aus Protest gegen die Gesundheitsreform 2003 gaben dort 72 der 180 Kieferorthopäden ihre Zulassung zurück. Das Land Niedersachsen stellte daraufhin für den Raum Hildesheim, den Landkreis Hannover und Raum Cuxhaven fest, dass der Sicherstellungsauftrag durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung nicht mehr gewährleistet sei, und übertrug die Versorgung direkt auf die Krankenkassen. Diese warben Kieferorthopäden aus Osteuropa an und schlossen Verträge mit regulären Zahnärzten und Kliniken.

Reumütige Ärzte: Im oben genannten Urteil haben zwei Kieferorthopädinnen aus Hildesheim für ihre sofortige Wiederzulassung vor dem BSG geklagt. Sie wurden abgewiesen.

Ständige Rechtsprechung bestätigt: Das oben genannte BSG-Urteil überrascht nicht. Bereits 2007 hatte das oberste deutsche Sozialgericht einen Vergütungsanspruch für Ärzte verneint, die ohne Zulassung Kassenpatienten behandeln.

Bundesweite Rechtswirkung: Das Streikverbot gilt bundesweit. Nach Meinung der BSG-Richter habe der Gesetzgeber kollektive Ärztestreiks zu Recht als eine „schwerwiegende Verletzung vertragsärztlicher Pflichten“ gewertet und diese mit harten Sanktionen möglichst verhindern wollen.

Umsatzsteuerbefreiung von Heilbehandlungen

Neuregelung: Zum 1.1.2009 wurden ambulante wie auch stationäre Leistungen, welche der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen, in einer Befreiungsvorschrift zusammengefasst. Der Gesetzgeber ist damit den Erfordernissen der EU-MWSt-Systemrichtlinie nachgekommen.

Systematische Untergliederung: Die neue Vorschrift des § 4 Nr. 14 UStG untergliedert sich in Heilbehand-lungen im Bereich der Humanmedizin (§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG) sowie in Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen (§ 4 Nr. 14b UStG). Kriterium für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche ist hierbei der Ort der Leistungserbringung. Der Gesetzgeber folgte dabei dem EuGH-Urteil vom 6.11.2003 (C-45/01). Danach ist kennzeichnend für Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, dass die Leistungserbringung aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung bestehen. Unter die Befreiungsvorschrift des Buchstaben a fallen hingegen Leistungen, die außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen erfolgen.

Ausführliches BMF-Schreiben: Das Bundesfinanzministerium hat in einem ausführlichen Schreiben vom 26.6.2009 – (IV B 9 – S 7170/08/10009) über die Umsatzsteuerbefreiung dieser beiden Leistungen Stellung genommen. Unter Berufung auf die EuGH- Rechtsprechung richtet sich die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Arztes umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig ist, allein nach dem Ziel seiner Tätigkeit. Steht bei dieser ein therapeutisches Ziel im Vordergrund, ist seine Leistung steuerfrei. Steht hingegen ein anderes Ziel, beispielsweise die Wissensvermittlung im Vordergrund, ist seine Leistung umsatzsteuerpflichtig. So unterliegt die Anfertigung eines Gutachtens nicht der Umsatzsteuer. Andere „schreibende“ Tätigkeiten wie eine schriftstellerische oder wissenschaftliche hingegen schon.

Vortragstätigkeiten und Seminare: Ebenfalls der Umsatzsteuerpflicht unterliegen Vortragstätigkeiten. So hat das FG München entschieden, dass Seminare zur Beseitigung von Persönlichkeitsstörungen nicht von der Umsatzsteuer befreit sind (Urteil vom 17.2.2009 14 V 3741/08).

Eng verbundene Umsätze:  Besonders ausführlich nimmt das BMF Stellung zu jenen (bisher kontrovers diskutierten) mit einer Heilbehandlung oder Krankenhausbehandlung „eng verbundenen“ Umsätzen. Das BMF versteht darunter jene, „die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen“.

Zu den steuerpflichtigen Umsätzen zählt hier unter anderem die entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an Besucher oder die Abgabe von Arzneimitteln an das Personal, aber auch Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe im Sinne des § 20 SGB V, die keinen Krankheitsbezug haben.

Neuer Ärger mit Medienfonds

Besonders die Ärzteschaft wurde in den vergangenen Jahren von Fondsinitiatoren und Vermittlern hinsichtlich der Zeichnung von Anteilen an Medienfonds angesprochen. Die Steuervorteile waren teils so verlockend, dass der Arzt/die Ärztin das Investitionskapital teilweise aus Steuerersparnissen heraus aufbringen konnte. Die Steuerersparnisse will der Fiskus nun nachträglich streichen. Ärztinnen und Ärzte müssen mit Nachzahlungen rechnen.

Vorstoß der Finanzverwaltung: Das für Medienfonds zuständige Bayerische Landesamt für Steuern hat im Frühjahr des Jahres diverse Anbieter solcher Fonds darüber informiert, die Steuervorteile teilweise nachträglich abzuerkennen. Dies dürfte das Ergebnis der so genannten „defeasance – Modelle-Prüfung“ durch die Referatsleiter Einkommensteuer des Bundes und der Länder sein. Die Finanzverwaltung begann im Jahre 2007, die Medienfonds unter die Lupe zu nehmen. Von den anfänglichen Verlustzuweisungen von knapp 200 % dürften nach ersten Schätzungen noch ca. 10 bis 30 % übrig bleiben.

Gerichte werden entscheiden müssen: Das letzte Wort werden die Gerichte haben. Bis diese allerdings entschieden haben, werden Jahre vergehen. Bis zur abschließenden Entscheidung durch den Bundesfinanzhof dürfte die Finanzverwaltung aber eine Aussetzung der Vollziehung gewähren. Damit müssen Ärztinnen und Ärzte die in Anspruch genommenen Steuervorteile vorerst nicht zurückzahlen.

Aktuelle BGH-Entscheidung: Mancher Ärztin oder manchem Arzt dürfte dabei eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugutekommen. Der BGH entschied im Urteil vom 20.1.2009 (XI ZR 510/07) zu Gunsten eines Medienfondsanlegers, dass Anlageberater die Anleger über ihre Abschlussprovisionen aufklären müssen. Wo dies nicht geschehen ist, könnte die Ärzteschaft gegebenenfalls nachhaken.

Qualifikation der Einkünfte für die wahlärztliche Leistungserbringung

Der Fall: Streitig war im Rahmen der Lohnsteueranmeldungen, ob die von diversen Chefärzten erzielten Liquidationserlöse aus wahlärztlichen Leistungen als Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit zu bewerten sind oder nicht. Geklagt hat ein angestellter Chefarzt für die Abteilung Innere Medizin.

Meinung der Richter: Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 22.10.2008 – 2 K 2583/07) meinte dazu, dass die für und gegen eine selbstständige bzw. nicht selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale gegeneinander abzuwägen sind.
Ob ein Chefarzt einer Klinik wahlärztliche Leistungen selbstständig oder unselbstständig erbringt, beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse.

Selbstständige Tätigkeit: Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt der Arzt nach Auffassung der Richter unter den folgenden Voraussetzungen:

  • Der Patient schließt mit dem Krankenhaus einen Vertrag ab, der die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen beinhaltet und der als Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag ausgestattet ist.
  • Der Arzt hat gegenüber dem Patienten einen eigenen Honoraranspruch, dessen Höhe er – gemäß GOÄ – selbst festsetzt.
  • Das Recht zur Liquidation  wird nicht ausschließlich aus dem Dienstvertrag abgeleitet.

Für nicht relevant hielten die Richter die Tatsache, dass der Arzt die Einrichtungen des Krankenhauses mitbenutzt.